Lange angekündigt, endlich auf meinem Tisch: das Zoom75 TIGA in E-White – direkt von Meletrix. Ich durfte mir mein eigenes Kit zusammenstellen: WS Arowana Switches, alle Extras – nur die Keycaps habe ich selbst ergänzt (PBT-ISO-DE-Set im Mizu-Design).
Das Paket hing erst ein paar Tage beim Zoll, dann kam noch Ostern dazwischen – aber am Dienstag war es endlich soweit. In diesem Artikel findest Du keinen glattgebügelten Review, sondern meinen echten Build: Was lief gut, wo wurde es fummelig, was mich überrascht hat – und warum das TIGA mehr ist als nur eine Zoom75-Neuauflage.
📦 Vorbereitung und erste Unterschiede zum Zoom75
Bevor ich überhaupt losgelegt habe, hab ich mir alles zusammengesucht:
- das offizielle Aufbauvideo,
- die Anleitung,
- und die spezielle Web-App für das Tiga
🧠 Klugscheißer-Info: Was kann die TIGA Web-App?
Anders als klassisches VIA steuert die TIGA-App nicht nur Tastenbelegung und RGB, sondern auch die Inhalte des LCD-Displays – komplett online, ohne Installation.
Insgesamt: Vorbereitung lohnt sich. Gerade wenn man ISO-DE nutzt, verhindert man so manche böse Überraschung.
Stabilizer, ISO-DE und kleine Gemeinheiten
Das TIGA nutzt WS Stupid Stabilizer – echte Snap-Ins. Schrauben? Normalerweise Fehlanzeige. Bei mir gab es aber ein Problem: Durch das ISO-DE-Layout musste ich die Stabilizer für die Enter-Taste um 90° gedreht einsetzen. Dabei greifen die Snap-Ins nicht richtig und der Stabilisator springt dann schnell wieder heraus.
Meine Lösung: Für die Enter-Taste habe ich klassische verschraubte Stabilizer verwendet. Für alle anderen Keys saßen die Snap-Ins stabil und problemlos.
🧠 Klugscheißer-Info: Warum braucht die linke Shift-Taste bei ISO-DE keinen Stabilizer?
SO-DE Layout: verkürzte linke Shift-Taste (1.25u) plus eigene < >
-Taste. Daher: Linke Shift bleibt kurz – kein Stabilizer nötig, anders als bei ANSI.
Snap-In Gehäuse und Stopper-Wedges
Das neue Snap-In-Gehäuse ist eine der angenehmsten Neuerungen:
Kein Schrauben mehr, sondern einfach zusammenclipsen – fertig.
Die Stabilizer erfordern dafür ein kleines Extra: Auf der Rückseite der PCB müssen Stopper-Wedges eingefädelt werden.
Klingt einfach – ist mit großen Fingern aber eine fummelige Angelegenheit.
🧠 Klugscheißer-Info: Was sind Stopper-Wedges?
Kleine Kunststoff-Clips, die die Snap-In-Stabilizer auf der Rückseite der PCB sichern. Ohne sie können sich die Stabis lösen.
Mein Tipp: Ruhige Hand und Pinzette helfen.
Switches einsetzen: vorher oder nachher?
Im offiziellen Guide wird empfohlen, die Switches vor dem Zusammensetzen in die Plate einzusetzen. Das geht – aber es braucht Fingerspitzengefühl.
Wenn es klemmt: Gehäuse schließen, dann Switches einsetzen. Das Board verzeiht beide Wege – entscheide nach Gefühl.
Dämpfung, Material und Schichtung
Für meinen Build wollte ich bewusst ein Soundprofil, das satt und angenehm weich klingt, ohne metallisches Nachklingen – aber auch ohne das Board komplett totzudämpfen.
Meine finale Schichtung sieht so aus:
- Direkt auf dem Gehäuseboden liegt eine dünne PET Case Foam Schicht – kaum sichtbar, aber sie nimmt erste harte Vibrationen auf.
- Darüber folgt der klassische Bottom Case Foam, der das Board weiter entkoppelt und Resonanzen vom Boden verhindert.
- Auf der PCB habe ich ein PET Acoustic Pad aufgelegt, das dafür sorgt, dass Anschläge weicher und weniger scharf klingen.
- Statt eines dicken Cork-Sandwiches habe ich nur den Switch Foam aus Kork verwendet – eine dünne Schicht direkt unter den Switches.
- Darüber liegt ein klassischer Plate Foam, der die metallische Resonanz zwischen Switches und Plate spürbar reduziert.
- PC Plate als Abschluss: sorgt für eine leichte Flexibilität und einen angenehm weichen Anschlag.
Die Kombination aus Boden-Dämpfung, PET-Entkopplung und Switch Foam aus Kork sorgt dafür, dass das Zoom75 TIGA weich, voll und angenehm klar klingt,
ohne metallische Spitzen oder hohle Resonanzen.
Design und Verarbeitung
Beim direkten Vergleich mit dem ursprünglichen Zoom75 merkt man sofort: Das Zoom75 TIGA fühlt sich fertiger und konsequenter an.
Oberfläche und Finish
Die Oberfläche des Gehäuses ist beim TIGA sichtbar glatter ausgeführt.
Während das ursprüngliche Zoom75 eine leicht raue, fast sandgestrahlte Haptik hatte,
fühlt sich das TIGA weicher, seidiger und homogener an – aber ohne speckig zu wirken.
Gerade unter direktem Licht erkennt man:
- Weniger sichtbare Bearbeitungsspuren
- Sanftere Lichtreflexe
- Keine leichten Mikroporositäten, wie sie beim Zoom75 je nach Charge noch auffallen konnten.
Das Finish erinnert mehr an High-End Customs aus deutlich höheren Preisklassen. Oder zumindest stelle ich mir das so vor – denn solch teure Tastaturen hatte ich noch nie zwischen/unter den Fingern.
Kanten, Fräsung und Übergänge
Die Kanten sind feiner gefräst, die Übergänge zwischen Top und Bottom Case verlaufen spürbar präziser. Auch an der USB-C-Aussparung sieht man: Das TIGA hat weniger Toleranzspiel, wirkt wie aus einem Guss.
🧠 Klugscheißer-Info: Was unterscheidet das TIGA optisch vom alten Zoom75?
Das Zoom75 TIGA bietet eine glattere Oberfläche, präzisere Kanten und eine sauberere Eloxierung. Dazu kommt der seitliche Knob unter dem Display, der dem Board eine markantere, eigenständigere Silhouette verleiht.
Knob-Design und Display-Integration
Der neue Knob unterhalb des Displays verändert die Frontansicht des Boards deutlich:
- Er verleiht dem TIGA mehr Asymmetrie und damit eine individuellere Anmutung.
- Gleichzeitig bleibt der Look aufgeräumt und nicht überladen.
Das LCD-Display fügt sich beim TIGA ebenfalls harmonischer ein. Die Einfassung wirkt weniger technisch, mehr integriert – als wäre das Display Teil des Designs, nicht ein Add-on.
Insgesamt merkt man:
Das Zoom75 TIGA ist kein „V2-Board“, sondern eine gezielt weitergedachte Plattform.
- Die CNC-Qualität (Präzision der Fräsung, Oberflächenglättung) liegt sichtbar höher als beim Original-Zoom75.
- Die Anodisierung/Eloxierung ist gleichmäßiger, weniger anfällig für kleine Unterschiede in Farbton oder Glanz.
- Die Passgenauigkeit der Snap-In-Verbindungen ist hoch: Das Board wirkt geschlossen und massiv, obwohl keine Schrauben sichtbar sind.
Oder einfacher gesagt: Das TIGA fühlt sich wie ein „echtes Custom“ an – nicht wie ein zusammengeklemmtes Semi-Custom-Kit.
Soundeindruck
Was bringt ein Custom-Board, wenn es nicht nach etwas klingt?
Genau: nix.
Beim Zoom75 TIGA hab ich deshalb auf einen Sound hingearbeitet, der nicht nur am Anfang begeistert, sondern auch nach Stunden Tippen entspannt.
Und ich sag’s gleich vorweg: Das Ergebnis ist genau mein Ding.
Das erste, was auffällt:
Der Sound ist satt, tief und angenehm weich.
Durch die PC-Plate bekommt das Board diese leicht federnde, „bouncy“ Charakteristik – Tastenanschläge hören sich voll an, fast ein bisschen wie bei einem zu gut gestimmten Snare-Drum-Schlagzeug, aber eben weich, nicht knackend.
Die Kombination aus PC-Plate, Switch Foam aus Kork und PBT-Keycaps sorgt dafür, dass der Klang:
- angenehm „thocky“ bleibt,
- aber trotzdem nicht dumpf oder träge wirkt,
- und keine störenden Höhen oder metallischen Nebengeräusche entstehen.
🧠Klugscheißer-Info: Warum klingt eine PC-Plate anders als FR4 oder Alu?
Polycarbonat ist flexibler und dämpft Vibrationen stärker. Dadurch entsteht ein tiefer, runder und angenehm federnder Sound – weit entfernt von klirrendem Metall oder zu harten Anschlägen.
Bottom-Out und Tipp-Gefühl
Wenn Du die Tasten richtig durchdrückst, gibt’s keinen harten Aufschlag, kein fieses Echo: Der Bottom-Out ist kontrolliert weich, fast „ploppig“.
Der Boden Case Foam zusammen mit dem PET Acoustic Pad arbeiten perfekt:
sie fangen die Kraft des Anschlags ab, ohne dass Du das Gefühl hast, durch eine Matratze zu tippen.
Es fühlt sich einfach… balanciert an. Nicht schwammig, nicht hart – genau der Sweet Spot.
Resonanzen und Störgeräusche
Spoiler: Es gibt keine. Zumindest in meinen Ohren.
Selbst beim schnellen Tippen bleibt das Board ruhig: kein Nachklingeln, kein Gehäuseping, kein Vibrationsgeklimper.
Gerade bei Snap-In-Gehäusen wie dem TIGA nicht selbstverständlich – hier merkt man, dass die Schichtung (PET, Boden Foam, Switch Foam) funktioniert.
Das Zoom75 TIGA klingt wie ein richtig guter Cappuccino: warm, rund – und beim ersten Schluck willst Du einfach weitermachen.
Und nein, es ist kein TikTok-Keyboard, das beim Tippen klingt, als würde ein Schlagzeuger auf einer Blechplatte jammen. Es klingt erwachsen, angenehm – und nach genau dem, was ich mir von einem Custom erwartet habe.
🧠 Fun Fact für Klugscheißer
Wusstest Du, dass Polycarbonat eigentlich aus der Industrie stammt, um Panzerglas und schlagfeste Helme herzustellen?
Und jetzt sorgen wir Tastatur-Nerds dafür, dass es besser klingt als manche 400-Euro-Aluminium-Boards.
Verrückte Zeiten.
Probleme und Support
Beim ersten Einschalten gab es ein kleines Drama: Die unteren zwei Reihen der RGB-Beleuchtung funktionierten nicht.
Kurze Anfrage im Discord, schnelle Antwort vom Meletrix-Support (ohne dass bekannt war, dass ich „Reviewer“ (wie, hat sich noch nicht rumgesprochen?) bin: PCB wird ersetzt, unkompliziert und freundlich.
Fazit und Ausblick
Nach dem ersten vollständigen Build hinterlässt das Zoom75 TIGA einen Eindruck, der sich nicht so leicht abtun lässt.
Es wirkt reifer, aufgeräumter und in vielerlei Hinsicht konsequenter als das ursprüngliche Zoom75 – nicht wie ein einfaches Update, sondern wie eine Plattform, die bewusst auf Flexibilität, Individualität und Alltagstauglichkeit ausgelegt wurde.
Beim Aufbau zeigt sich, wie sorgfältig die einzelnen Komponenten aufeinander abgestimmt sind; von der sauber verarbeiteten Hülle über die modularen Befestigungen bis hin zum angenehm gedämpften, vollen Klang.
Nichts wirkt gezwungen, nichts klingt nach Marketing, alles fühlt sich so an, als hätte tatsächlich jemand beim Entwickeln darüber nachgedacht, wie ein gutes Custom-Board nicht nur klingen, sondern sich auch anfühlen muss.
Natürlich kratzt ein erster Build nur an der Oberfläche. Das Display ist bislang lediglich grundlegend eingerichtet, ohne eigene Grafiken, Animationen oder Statusanzeigen, und auch die RGB-Beleuchtung läuft noch im Standardmodus.
Hier werde ich in den kommenden Wochen tiefer einsteigen müssen, um zu sehen, welche Möglichkeiten die Meletrix-Software wirklich bietet – und ob sie sich nahtlos ins Gesamtbild fügt oder eher eine nette Spielerei bleibt.
Dasselbe gilt für viele Design- und Funktionsfeatures, die ich bisher bewusst außen vor gelassen habe: das Dual-Wing-Design auf der Rückseite, alternative Badges oder die Nutzung des Rear Expansion Kits, von dem ich bisher nur die technischen Grundlagen, aber noch keine praktische Erfahrung sammeln konnte.
Auch die verschiedenen Mount-Optionen, die das Board bietet – Elastic Bar Mount, Top Mount und Silica Gel Particle Mount –, warten noch auf ernsthafte Vergleiche unter realen Bedingungen.
Gerade diese offene Struktur macht das TIGA für mich so spannend:
Es zwingt Dir nichts auf, sondern bietet Dir die Möglichkeit, Dein eigenes Setup wirklich zu entwickeln.
Ob Du das nutzt oder ob Du am Ende doch wieder auf ein bewährtes, bequemes Layout zurückfällst, bleibt Dir überlassen – und genau das fühlt sich angenehm erwachsen an.
- Im kommenden Review werde ich diese offenen Bereiche gezielt beleuchten:
Was taugt das Display wirklich im Alltag? - Wie stark verändert eine andere Plate oder ein alternativer Mount das Tippgefühl?
- Lohnt sich die Erweiterung durch Rear Expansion Kit und Badges wirklich, oder bleibt es beim netten Add-on?
Was ich jetzt schon sicher sagen kann:
Das Zoom75 TIGA ist kein Board, das man an einem Wochenende vollständig versteht.
Und genau das ist vielleicht seine größte Stärke.